Ralf Scholz schreibt seinem Autor

Frankfurt am Main, 20. Mai 2006

Mein lieber Lukas!

Ich kann immer noch nicht fassen, was auf der Buchmesse in Leipzig in dich gefahren ist. Ich bin zutiefst empört über dein Verhalten. Was hast du dir nur dabei gedacht? Unsere Debütantin Rachel ist von deiner Aktion immer noch geschockt, besonders erschüttert war sie, als du ihr die Kette vom Hals gerissen hast.
Ich weiß, dass die letzte Zeit schwer für dich war und dein Erfolg zurückgegangen ist. Dennoch ist das kein Grund, auf Kollegen loszugehen, die mit ihrem Buch einen Bestseller gelandet haben. Vielleicht solltest du deren Bücher einmal lesen, damit du weißt, was die Leser hören wollen.
Du weißt genauso gut wie ich, dass wir immer ein gutes Verhältnis zueinander hatten und dadurch ganz konstruktiv zusammenarbeiten konnten. Aber diesmal, diesmal mein lieber Lukas, bist du eindeutig zu weit gegangen. Dafür habe ich leider kein Verständnis mehr. Erst rufst du mich mitten in der wichtigsten Konferenz des Jahres an und tischst mir auf, dass das Buch „Vom Memelstrand zum Themseufer“ angeblich deine Ideen beinhaltet und nicht die von Rachel Bringman. Und dann? Dann machst du eine Riesenszene in aller Öffentlichkeit.
Ich hoffe, du kannst mir das irgendwann einmal erklären, warum du dich so aufgeführt hast. Sie hat dir, meiner Meinung nach, nun wirklich nichts getan. Nur weil du deine Eifersucht nicht im Zaum halten kannst und sie erfolgreicher ist als du, musst du nicht gleich auf sie losgehen.
Das ist wirklich nicht professionell, gerade du, Lukas, müsstest das am besten wissen. Du solltest dir in Ruhe noch einmal über deine Aktion klar werden. Es wirft nicht nur auf Lindbrunn ein schlechtes Licht, sondern am meisten auf dich. Du bist nicht gerade der beste Autor in meinem Verlag gewesen, trotzdem tut es mir leid ansehen zu müssen, wie du dich selbst zerstörst.
Lukas, glaub mir, wenn du an deinem zukünftigen Werk feilst, dann wird dieses auch ein
Riesenerfolg, wenn nicht sogar ein Bestseller. Nur diesmal musst du deinen Weg selber gehen, dabei kann ich dir nicht mehr helfen. Ich bin mir sicher, dass du auch mal – so wie Rahel – im Blitzlicht stehst.

P.S.: Anbei schicke ich dir die Kündigung deines Autorenvertrags mit Lindbrunn.

Ralf Scholz


Antje