08. Mai 2013

Werner Schmidt feiert seinen 95.

Der Döbelner Werner Schmidt feierte am Mittwoch seinen 95. Geburtstag. Foto: André Braun

Seifen und Miederwaren prägten das Berufsleben von Werner Schmidt. Auch im hohen Alter fährt er noch mit dem Rad.

Mehrere Enteignungen, drei Verwundungen als Soldat – dass Werner Schmidt einmal 95 Jahre alt wird, damit hatte er nicht gerechnet. Umso zünftiger wurde am Mittwoch im Bürgergarten gefeiert. Zahlreiche Gratulanten schüttelten dem Jubilar die Hand, der einst in Döbeln die Seifenfabrik führte und mit seiner Frau an der Spitze von Reco-Mieder stand.

Der Großvater von Werner Schmidt gründete die Döbelner Seifenfabrik, in der es 1938 eine schwere Explosion gegeben hatte. Sechs Menschen haben dabei ihr Leben verloren. Wie es zu dem Unglück kommen konnte, weiß Schmidt bis heute nicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg lag die Verantwortung für den Familienbetrieb in seinen Händen. Die Mutter war ins Konzentrationslager nach Mühlberg gekommen, der Bruder verschwunden. Schmidt selbst landete in russischer Gefangenschaft. Er und einige andere Männer ließen sich absichtlich mit der Krankheit Ruhr infizieren. Nach vier Tagen setzten die Russen sie vor die Tür. „Die hatten Angst, sich anzustecken“, so Schmidt. Als er 1945 zurück nach Döbeln kam, war er allein. Ein Jahr später folgte die Enteignung. „Ich bekam mein Entlassungsschreiben und noch drei Monate Gehalt. Dann war ich arbeitslos.“

Bei Reco-Mieder, dem Betrieb seiner Frau Dorothea, fand der gelernte Kaufmann 1953 wieder Arbeit. Bis zum Eintritt in die Rente 1983 war Schmidt bei der Firma, die 1972 bei der letzten Enteignungswelle verstaatlicht wurde. Zwei Jahre danach mussten er und seine Frau auch ihr Wohnhaus, das sich an der damaligen Fabrik befand, verlassen. Seitdem lebt das Ehepaar, das seit über 65 Jahren verheiratet ist, in einem Haus in den Klostergärten. 1978 wurde Reco-Mieder mit drei Roßweiner und einem Dresdner Unternehmen zu einem Kombinat zusammengelegt, Schmidt blieb bis zu seinem Ruhestand Betriebsteilleiter in Döbeln. Noch heute treffen sich die ehemaligen Beschäftigen von Reco-Mieder regelmäßig. „Wir sind wie eine große Familie“, sagt Dorothea Schmidt.

Einmal im Monat radelt Werner Schmidt zudem zu den Treffen des Traditions- und Fördervereins des Lessing-Gymnasiums Döbeln, zu dessen Gründungsmitgliedern er gehört. Seit 2008 ist Schmidt Ehrenmitglied. 1935 hat er als Absolvent die Landwirtschaftsschule am damaligen Realgymnasium verlassen.

Ein wichtiger Teil in seinem Leben ist bis heute der Sport geblieben. Auf Radfahren und Schwimmen will der rüstige Rentner, der schon als junger Mann einen Schnauzer trug, auch im hohen Alter nicht verzichten. Gern denkt er zurück an die Zeit, als er nach 1945 eine Eishockey-Mannschaft in Döbeln aufgebaut hat.

Döbelner Anzeiger
Maria Lotze
08.05.2013